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Weiße Felsen, blaues Meer

11.04.2025

Am 11. April fuhren wir mit dem neuen AV-Bus in die Hafenstadt La Ciotat an der Cote d’Azur. Nach 12 Stunden Fahrt erreichten wir nachts um 3 Uhr unsere Ferienwohnung.

„Wir“, das waren Andrea, Caro, Kathi, Larissa, Marie, Michaela, Oli und ich. Acht Teilnehmer aus der Riege der Peißenberger Kletterer. Dazu kam Anja, die die Gegend als Wanderin erkunden wollte. Zu der nachtschlafenen Zeit schliefen wir noch bis 7:00 im Bus und kontaktierten danach Dominique, die Hausverwalterin. Gegen 9:00 konten wir unser Gepäck deponieren und dann ab zum Klettern?

Einige meinten, nach der anstrengenden Fahrt nicht die Fitneß für längere Touren aufzu-bringen und so gingen wir zum Klettergarten „Étoile noire“, zu deutsch „Todesstern“.

Die ungewöhnlichen Felsstrukturen fanden begeisterten Anklang, den meisten war Klettern in Sandsteinrissen noch unbekannt. „Geil“, „total abgefahren“, es ist dem Schreiber nicht möglich, alle verteilten Attribute vollständig wiederzugeben. Auch machte mancher Rucksackträger die Bekanntschaft einer besonderen Art von Felsbrocken: der Wandersteine, die wie von selbst in den ein oder anderen Rucksack hüpfen und erst in der Ferienwohnung wieder auftauchen.

Erst am nächsten Tag ging es endlich zu den Felsen der Calanques, unserem eigentlichen Ziel. Wir fuhren nach Marseille zum Ortsteil „Les Baumettes“. Von dort ging es fußläufig in 1.5h zum „Bec de Sormiou“. Der Himmel war grau, es war kühl und stürmisch. Nein – dieses Wetter verbindet niemand mit Südfrankreich, Cote d’Azur oder Frühjahr. Zum Auftakt hatten wir uns leichte Routen ausgesucht. 

Als wir zu den Einstiegen auf Meereshöhe hinunter gingen, toste das Meer wild und laut. Die wenigsten kannten diesen Fels und waren ob des Lärms, des Wassers und der steil aufragenden schneeweißen Mauern begeistert. Irgendwie war es ungemütlich und darum stiegen wir zügig ein. Und alle paar Klettermeter drängte ein Gedanke in den Vordergrund: „ob das heute wohl was wird?“ Am ersten Standplatz angekommen änderte sich das: vom Meer kommend setzte Nieselregen ein. „Das war ganz schön glitschig“ meinte Kathi, als sie bei mir angekommen war „was machen wir jetzt?“ Und blickte besorgt auf die steilen Wandfluchten über uns. Als sie das Wort „Abseilen“ vernahm, war sie offenkundig beruhigt. Wir seilten uns rund 50 bis zum Meer ab, während Michaela noch die letzten Meter zum Standplatz hochstieg.

Kaum war ich unten angekommen, kam auch in der Nachbarroute Bewegung auf: Caro, Oli, Andrea und Marie kamen nach und nach abgeseilt: auch sie wurden nicht vom Regen verschont und entschieden sich für die Flucht nach unten. So trafen wir uns statt am Gipfel wieder am Einstieg. Also nochmal den luftigen Zustiegsweg, diesmal nach oben, dafür allerdings naß und weiter zum Rucksackdepot.

Am nächsten Tag war das Wetter keinen Deut besser. Anja und Caro erkundeten den Ort und liefen weiter zum Cap Canaille, dem östlichen Ausläufer der Calanques. Die Kletterrouten dort sind überwiegend gut gesichert und trotzdem laut Führer als „Abenteuergelände“ ausgewiesen.

Die restlichen 7 besuchten erneut den „Todesstern“ mit seinen interessanten Routen. Heute wurde besonders aufmerksam auf die Wandersteine geachtet, nicht daß sich wieder solche Teile in irgendeinen Rucksack verkriechen. 

Am Dienstag steigerte sich das Sauwetter und bescherte uns einen Indoor-Tag. Miese Stimmung? Fehlanzeige! Die einen gingen in die „Boulangerie“ und ließen es sich gut gehen. Inzwischen schon zum bewährten Ritual aufgestiegen. Die Kartenspieler-Fraktion fand genügend Zeit und wer kennt nicht den Spruch „Leben wie Gott in Frankreich“. Am Abend wurde immer gekocht. Nicht von der Küchen-Crew, die gab es nämlich nicht. Nein, jeder war mal dran. Und dank des schlechten Wetters war genügend Muße vorhanden, daß ein 3-Gänge-Menu dem anderen folgte.
Das abgewandelte Motto „Leben wie die Peißenberger in Frankreich“ vertrieb jeden Mißmut vom Boa weg.

 Mittwoch fuhren wir zum Bellavista, einem eindrucksvollen Aussichtspunkt am Cap Canaille über den Modeort Cassis und die kompletten Calanques bis Marseille. Einige Teilnehmer wollten bei leichtem Niesel von hier nach Cassis laufen, die anderen fuhren auf der kurvigen Paßstraße der „Route des Cretes“ weiter nach Cassis um die Wanderfraktion aufzulesen. Und natürlich den Luxusort in Augenschein zu nehmen und eines der Straßencafés zu testen: „bestanden“! Wie lautete unser Motto: „leben wie Gott in Frankreich“ – „bestanden“.

Donnerstag, letzter angesagter Regentag: wir fuhren hinüber nach Marseille in die Kletterhalle. Morgens war es noch saukalt, aber die Halle war wirklich hoch, 17 … 20m und sehr schön geschraubte Routen. Jaaa – natürlich kein Vergleich mit Routen in den Calanques, aber eine lohnende Schlechtwetteralternative allemal. Am Nachmittag wurde es dann sonnig und sehr warm, und so fand die Kartenspielerfraktion vor der Halle ein ideales Übungsterrain vor.

Karfreitag war vom frühen Morgen weg wolkenlos und warm. Nochmal Marseille, nochmal zum Bec de Sormiou, luftig hinunter ans Meer und los. Das Meer war heute ruhig, keine Gischt, die auf die Sicherungsperson spritzte. Das Meer heute blau, der Himmel dito und der Fels schneeweißer als vergangenen Sonntag. Schon die äußeren Bedingungen machten Laune einzusteigen und das taten wir auch. Was soll ich sagen: der Fels war griffig, die Absicherung südfranzösich, der Ausblick phantastisch. Von allen Seiten hörte ich Wortfetzen: „sehr schön“, „a Traum“, und vieles, was dem Chronistenhirn wieder entfallen ist. Andrea erreichte als Erste den Gipfelgrat und rief „da klettert ma vom Meer a steile Wand nauf, iss oben und dann geht’s auf der anderen Seite genauso wieder zum Meer runter“ (mei, das hat a Riff halt mal so an sich). Als alle oben angekommen waren, fand die Begeisterung kaum die richtigen Worte. Wie auch, wo heute doch alles paßte. 

Es wird niemanden wundern, daß der Beschluß gefaßt wurde „da fahr’ma nächstes Jahr wieder hin, Hans – organisier’!“ Also gut, a Tour, die noch gar net ausgeschrieben, aber schon ausgebucht iss. Auf jeden Fall ein Beleg dafür, daß es allen Teilnehmern supergut gefallen hat, obwohl nur ein Calanques-Klettertag herausgesprungen ist. Ahso der Abstieg: erst ein bissl leichtes Abklettern auf der Westseite des Riffs, 100, 200m Weg, dann nochmal 25 m abklettern und 10 min Fußweg zum Rucksackdepot. Zurück zum Strand von Sormiou, die Wasserfraktion machte einem kurzen Abstecher ins eiskalte Meer, vorbei am wenig gastlichen Strandrestaurant und zurück zu Bus und Wohnung. 

Sachen aufräumen, denn morgen früh würden wir ja aufbrechen, 1000 km Straße warten auf uns. Dieses Mal heim nach Peißenberg, wo strahlender Sonnenschein zu Osterfrühstück und Osterspaziergang einladen.